Liebe Männer, vollmundig wirkt das biblische Zitat, das unserem Jahresthema voransteht. Nicht nur, weil wir uns entschieden haben, das an dieser Stelle beim Propheten Micha stehende „Mensch“ durch den „Mann“ zu ersetzen. (Es gab schon die eine oder andere Rückmeldung dazu …) Mehr noch, weil es daherkommt im Gestus eines „Noch Fragen irgendjemand? Es ist doch alles Entscheidende schon gesagt …“ Dabei sind Anfragen an dieses Motto vorprogrammiert. Beispielsweise: Wie, bitte schön, soll ich aus all den vielen Stimmen, die tagtäglich auf mich einströmen, genau diejenige herausfinden, auf die ich hören soll, und die mir zuverlässig und wahrhaftig sagt, was gut ist? Und ist es nicht gerade das Kennzeichen unserer Zeit, dass niemand mehr eine wirkliche Autorität beanspruchen kann, verbindlich für andere festzule - gen, was gut ist? Es ist in diesen Zeiten doch hoch umstritten, was denn gut ist persönlich, kirchlich, gesellschaftlich. Was für die einen gut ist, wird von anderen vehement abgelehnt. Was für die einen wegweisende Perspektiven sind, wird von anderen umso unerbittlicher bekämpft. Und noch ein zweites Fragezeichen: Will ich mir denn als Mann überhaupt sagen lassen, was gut ist? Weiß ich das nicht selbst am besten? Bin ich nicht ein autonomes Wesen, das sich nicht von außen, von anderen sagen lassen muss, was gut oder schlecht ist? „Habe Mut, dich deines eigenen Verstandes zu be - dienen“ so formulierte doch schon Immanuel Kant, der in die - sem Jahr immerhin bereits seinen 300. Geburtstag feiert. Kants ganzes Interesse ging dahin, die Selbständigkeit und Mündigkeit des Menschen zu postulieren, viele kluge Köpfe haben sich ihm angeschlossen. Und jetzt, 300 Jahre später und selbstverständ - lich mit der Aufklärung aufgwach-sen, sollen wir uns von Gott?, von der Kirche? – sagen lassen, was gut ist? „Es ist dir gesagt, Mensch, was gut ist, und was der HERR von dir fordert, nämlich Gottes Wort halten und Liebe üben und demü - tig sein vor deinem Gott.“ So lautet der biblische Vers vollstän - dig. Was nach Ansicht des Propheten Micha gut ist, wird also nach drei Seiten hin entfaltet. Aber ist das nun eine Hilfe? Wird die Sache nun klarer? Oder tun sich nur weitere Fragen auf für Männer im Jahr 2024 zum Beispiel nach unserer Beziehung zu Gott und danach, ob uns da wirklich als erstes das Stichwort „Demut“ einfällt? „Glaubst du, oh Mann, du musst für etwas einsteh’n? Denn das ge-hört dazu, um Mann zu sein? Den eig’nen Weg entschlossen, mutig geh’n. Wenn keiner mitgeht, dann eben allein. Wofür stehst du, wofür stehst du ein? Was ist wichtig, was kann sinn - voll sein?“ So heißt es im „Männersong zum Jahresthema“. Vielleicht ist es tatsächlich auch in der Männerarbeit - eher eine Zeit der Fragen als der allzu selbstgewissen Antworten, eher eine Zeit der tastenden Worte als des vollmundigen Redens und Bekennens. Vielleicht ist es gut, nicht immer gleich raus - zuposaunen, wofür man(n) steht, sondern den Dingen auch den Dingen des Glaubens auf den Grund zu gehen und nicht im Alleingang, sondern im Dialog mit Anderen nach Antworten zu forschen. Was die Suche nach Orientierung und Positionierung in unsiche - ren Zeiten für die Identität von Männern und für die Arbeit mit Männern bedeutet, darüber wird in diesem Jahr in der evangeli - schen Männerarbeit an vielen Orten in Veranstaltungen, Gruppenabenden und Gottesdiensten nachgedacht. Allen, die sich daran beteiligen, wünsche ich angeregte Debatten und in - teressante neue Perspektiven. Euer MARTIN TREICHEL Vorsitzender der Männerarbeit der Evangelischen Kirche in Deutschland
„Es ist dir gesagt, Mann, was gut ist“ (nach Mi 6,8) Wofür stehst du? WORT ZUM MÄNNERSONNTAG 2024
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